Zart, zäh, zerzaust – da hängt sie an einer Garderobenstange und macht müde ihre Übungen: die 102-jährige Mathilde. Eigentlich ist sie längst bereit zu gehen, denn irgendwo in einer anderen Zeit wartet ihr geliebter Jean-Michel auf sie – in der Seniorenresidenz Casaverde dagegen nur die Einsamkeit und ein Mobiltelefon. Dafür reiben sich diejenigen die Hände, die ein gutes Geschäft mit dem Alter machen: „What do we see? The weak, the old, the dying. Who needs them? We do!”
Neville Tranters minimalistische Inszenierung, sein virtuoses Spiel mit den ausdrucksstarken Klappmaulpuppen und sein rabenschwarzer Humor – schon ein Markenzeichen des Stuffed Puppet Theatre – machen „Mathilde“ zu einem scharfzüngigen Kommentar zum Thema Alter und Tod in einer Gesellschaft, die dafür eigentlich keinen Platz hat.
Der gebürtige Australier Neville Tranter ist weltweit einer der bekanntesten Figurentheaterspieler. Sein Solopuppenspiel wird auf der ganzen Welt als großes Theater gefeiert. Seine Stücke sind poetisch, respektlos und radikal. Dank seines virtuosen Puppenspiels gelingt Neville Tranter immer wieder das Kunststück, mit einfachsten Mitteln einen faszinierenden, hochkomplexen Theaterkosmos zu erschaffen.